Das Hochkreuz im neuen Friedhofsbereich
Das Hochkreuz im neuen Friedhofsbereich - Teil 1
Je mehr ich mich mit der Suche nach der Herkunft und Geschichte dieses Kreuzes befasst habe, desto komplizierter wurde es, diese Erkenntnisse mit dem bisher Überlieferten in einen Zusammenhang zu bringen. Daher habe ich mich dazu entschlossen, gemeinsam mit den unten genannten Personen, zunächst der Familiengeschichte der letzten Besitzerin nachzugehen. Dies umfasst den heute dargestellten Teil I. Im folgenden Teil II werde ich das Kreuz in seiner Darstellung und christlichen Aussage beschreiben. Dieser Teil erscheint im Gemeindeanzeiger Bietigheim am 02. Juni 2021.
Was könnte dieses Kreuz mit der Gemeinde Steinmauern, den Paragrafen 2 und 8 des Denkmalschutzgesetzes der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Bundesbahn zu tun haben? Einzelne Antworten ergeben sich aus dem bisherigen "Lebenslauf" dieses vermutlich 1869 errichteten Kulturdenkmales. Manches aber bleibt auch im Dunkeln der Geschichte verborgen. Doch der Reihe nach. Folgt man den Vermerken in den vorliegenden Unterlagen der Gemeinde Bietigheim zu diesem Kreuz, so wurde es im Jahr 1869 aufgestellt. Die Zahl ist nur schwer lesbar und könnte aber auch 1862 heißen. Der damalige Aufstellungsort ist nicht verzeichnet. Weiterhin wird in den Gemeindeunterlagen berichtet, dass dieses aus hellem Sandstein geschlagene Hochkreuz seit etwa 1919/1920 auf unserer Gemarkung stehe. Diese Jahreszahlen sind aber ebenfalls nicht belegbar. Sicher jedoch ist, dass es bis 1994 seinen Standplatz draußen am Ettlinger Weg hatte. Seine Besitzer waren vor 100 Jahren die Großeltern von Gertrud Haller, geborene Rastätter aus der Breite Straße 16 ("s´Jörgels). Manchen Älteren ist sie noch unter dem Namen "Zuus" bekannt. Viele Jahre lang führte sie die kleine Kolonialwarenhandlung ihrer Eltern Alois (geb. 1900) und Walburga Rastätter, geb. Herm weiter. Der genaue Lebensweg der Großeltern von Gertrud Haller lässt sich nicht mehr ermitteln. Sie hießen Lukas (geb. 12. April 1858, gest. 1924) und Theresia Rastätter, geb. Schmitt (geb. 29. Mai 1864) und hatten acht Kinder, sowie Hugo (geb. 8. Febr. 1866) und Emma Herm (geb. 9. Jan. 1870), geb. Volz. Sie stammten alle aus Bietigheim. Auch die Herkunft des Stifterpaares von 1862 oder 1869, das auf dem Sockel genannt ist, bleibt im Dunklen. Zwar wurde berichtet, und so findet sich dies auch in den bereits erwähnten Gemeindeunterlagen, die Großeltern hätten bis in die 1920er Jahre den Inselhof in Steinmauern betrieben. Dieser lag einst in der Nähe des heutigen Kieswerkes Valet und Ott, zwischen Rhein und Goldkanal, nahe der Murgmündung. Die genaue Lokalisierung brächte heute zutage, dass er nunmehr im Goldkanal versunken wäre. Längst hat die dortige Kiesförderung Haus und Hof verschlungen. Meine Nachforschungen im Mai 2021 haben aber ergeben, dass die genannten Großeltern diesen Inselhof nie bewirtschaftet haben. Vielmehr war dies von 1903 bis 1942 ein Bauer namens Karl Zimpfer. Der Hof selber ist übrigens im Rahmen der Rheinregulierung im Jahr 1834 tatsächlich als Insel entstanden, wie Udo Götz, bekannt als sehr erfahrener Heimatforscher aus Steinmauern, zu berichten weiß. "Nördlich der Murgmündung gab es im Überflutungsgebiet des Rheins einen Bauernhof. Der "Inselhof" war durch einen großen Altrhein(-arm, Anm. d.R.) mit einem breiten Schilfstreifen von der Steinmauerner Feldflur getrennt", wie Dr. Volker Späth im Heimatbuch 2000 des Landkreises Rastatt auf S. 132 zur Situation im Jahre 1937 schreibt. Weiterhin wurde bisher angenommen, dass die erwähnten Großeltern im Rahmen ihrer Übersiedlung nach Bietigheim auch ihr Wegkreuz mitgenommen hätten, das heute im erweiterten Friedhofs-teil steht. Doch auch hier zeigt sich, dass überlieferte Erzählungen nicht immer einer genaueren Nachforschung standhalten können. Laut Udo Götz gab es nämlich auf dem erwähnten Inselhof definitiv kein Kreuz. Somit ist auch diese Spur, die zunächst hoffen ließ, dass man feststellen könnte, woher es stammt, im Sande verlaufen. Die einzige dokumentierbare Verbindung zum erwähnten Inselhof in Steinmauern besteht darin, dass die Urgroßeltern von Gertrud Haller, nämlich Georg Schmitt (geb. 6. April 1835, gest. 1904) und Maria-Antonia, geb. Ganz (geb. 12. April 1837, gest. 11. Dez. 1903) als Pächter infrage kommen könnten. Im entsprechenden Pachtverzeichnis in Steinmauern ist nachzulesen, dass Georg Schmitt, Landmann, evtl. auch Müller, von 1879 bis 1895 und nochmals von 1896 bis 1899 diesen Hof bewirtschaftet hat. Das nachweisbar einzig überlebende Kind aus dieser Ehe war die oben genannte Theresia. Möglicherweise gab es noch einen Sohn namens Otto. Aber welche Verbindung zwischen der hier aufzeigten Generationenfolge und den auf dem Kreuzessockel genannten Stiftern bestand, ist nicht mehr nachvollziehbar. Dennoch, jahrzehntelang stand es auf einem Ackergrundstück am Ettlinger Weg in Bietigheim. Als sich aber im Rahmen des geplanten Ausbaus der Neubaustrecke Karlsruhe-Basel (Bündelungstrasse Bundesbahn und B 36 neu) im Jahre 1992 herausstellte, dass der bisherige Standort des Kreuzes aus planerischen Gründen aufgegeben werden müsse, wurde zunächst beim Landesdenkmalamt ein entsprechender Antrag auf Umsetzung gestellt. Zugleich wurde mitgeteilt, dass man im damals neu konzipierten Teil des Friedhofes einen passenden Platz vorgesehen habe. Hiergegen gab es jedoch zunächst massive Bedenken seitens der Denkmalschutzbehörde. Nach Paragraf 2 des Denkmalschutzgesetzes "ist das Kreuz als Zeugnis der Volksfrömmigkeit ein Kulturdenkmal, an dessen Erhaltung vorwiegend aus heimatgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse besteht". Man vertrat außerdem die Meinung, dass der vorgesehene Platz zu weit weg vom bisherigen Standort liege. Denn es wurde ja angenommen, dass das Kreuz an einem Platz steht, an dem oder in dessen unmittelbarer Nähe auch der Grund für die Stiftung desselben zu suchen sei. "Daher wäre die Aufgabe dieses Ortes, an dem das Kreuz bisher steht, mit dem Stiftungszweck nicht zu vereinbaren" (§ 8). Nachdem dem Denkmalschutzamt aber von einem Cousin der mittlerweile verstorbenen Gertrud Haller mitgeteilt worden war, dass das Kreuz ursprünglich aus Steinmauern käme, erteilte es schließlich die erforderliche Genehmigung zur Umsetzung in die neu angelegte Friedhofserweiterung mit Bezug auf die oben genannten Rechtsvorschriften § 2 und § 8 des Denkmalschutzgesetzes. Höchstwahrscheinlich war dies aber eine irrtümliche Annahme, wie man seit kurzem weiß. Seit 1994 hat es dennoch seinen Standort im neuen Friedhof gefunden. Für die Kosten der Umsetzung und Restaurierung in Höhe von rund 20.000 DM kam die Deutsche Bundesbahn mit rd. 12.000 Mark auf. Etwa 8.000 DM wurden zusätzlich durch Zuschüsse des Landesdenkmalamtes abgedeckt. Da das Gelände im Gewann "Außen an den Kirschbäumen" beim Ettlinger Weg seit 1992 der Deutschen Bahn gehört, ist somit beim Grunderwerb auch das damals dort befindliche Kreuz in deren Besitz übergegangen. Dieser Werdegang war bei der vermuteten Errichtung im Jahre 1862/1869 für das Hochkreuz sicherlich nicht vorgesehen.
Text u. Bild: Hermann Schmitt; Recherche zur Fam. Rastätter: Irmgard Dürrschnabel, Heinz Rastätter; Recherche zum Inselhof Steinmauern: Udo Götz (Steinmauern)