Die Gemarkung von Bietigheim umfasst nach heutigem Stand insgesamt 1390 Hektar. Davon erstrecken sich 283 ha auf den Bereich des Hardtwaldes (Distrikt I) und 210 auf den Damm- bzw. Auewald (Distrikt II). Die Gemarkungsbereiche, die an Bietigheim angrenzen, sind Durmersheim, Malsch, Muggensturm, Ötigheim, Steinmauern und Elchesheim-Illingen. Damit die jeweiligen Eigentumsflächen der Gemeinden jederzeit nachvollziehbar waren, wurden diese bereits in frühen Zeiten durch Setzung sogenannter Grenzsteine oder Grenzpfähle eindeutig gekennzeichnet. Die Bedeutung dieser Steine oder Pfähle lässt sich gut daran ablesen, dass die Beschädigung, das Versetzen oder gar das Entfernen mit schweren Strafen belegt war. Im Mittelalter konnte einem solchen Grenzfrevler durchaus als Strafe die Hand abgeschlagen werden. Es gibt Berichte, nach denen auch die Todesstrafe drohte. Oftmals wurden die Stellen, an denen Grenzsteine standen, wie Heiligtümer betrachtet. Hinweise darauf findet man beispielsweise in folgendem Text: "Im Mittelalter waren Grenzen und Grenzzeichen schlechthin unverletzlich und hatten schon fast sakralen Charakter. Veränderungen der Grenzen und deren Grenzzeichen waren besonders verwerflich und mit "Leibstrafe" belegt. Dies geht aus dem berühmten Gesetzeskodex Kaiser Karl V., die "Constitutio Criminalis Carolina" (1532) hervor, die für derartige Vergehen sogar die Todesstrafe vorsah. Über Veränderung von Waldgrenzen kann man zum Beispiel auch in der "Hochfürstlichen Aychstättischen Holtz- und Forst-Ordnung" von 1666 lesen: "39. Artikulus Von Straff deren, so Marck abhauen, oder verändern. Ein jeder, der dergleichen Marck-Baum abhauet, oder Marck-Stein und Marck-Pfäl verändert, soll Zehen Gulden zur Straff verfallen seyn, es wäre dann, es einer fürsetzlicher Weiß thät, behalten Wir uns auf solchen Fall höchere Straff an Leib oder Geldt bevor".
Quelle: https://www.bing.com/search?q=Grenzfrevel+im+Mittelalter&form=ANSPH1&refig=c4cc8251a6a443188a1b1474e0a2a9fd&pc=U531
Abbildung 1 Breitengrad: 48,90498; Längengrad: 8,22559, Höhe ü. NN 108 m; Distrikt II, Dammwald, Gewann Neubruch direkt am Rossloch
Abbildung 2 Breitengrad: 48,89934, Längengrad:8,24159, Höhe ü. NN 113 m; Distrikt II, Dammwald, Gewann Altbruch, Grenze zu Ötigheim, beim alten Schuttplatz
Auch heute ist die Veränderung des Standortes von Grenzsteinen strafbar. Dies ist besonders dann der Fall, wenn "eine niederträchtige Absicht hinter dem Vergehen steckt, also die mutwillige Schädigung eines anderen". Hier können laut § 274 des Strafgesetzbuchs über Urkunden-Unterdrückung und Veränderung einer Grenzbezeichnung Geldbußen oder gar eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren drohen. Fest steht also: So unscheinbar ein Grenzstein auch erscheinen mag - seine Verletzung kann hohe Kosten und viel Ärger verursachen. In den nächsten Ausgaben des Gemeindeanzeigers werden weitere Grenzsteine unserer Gemarkungsgrenzen vorgestellt.
Text und Fotos: Hermann Schmitt
Teil II, Grenzsteine, ihre Bedeutung und Symbolik
Grenzsteine, auch Abmarkungen genannt, bezeichnen die Flurstücksgrenzen. In der Regel wurden sie gut sichtbar an den betreffenden Stellen in die Erde eingelassen, damit sie bei der Feldarbeit nicht übersehen werden konnten. Hingegen hat man in solchen Flächen, an deren Grenzen beispielsweise regelmäßig gepflügt wurde, eher kleinere Steine gesetzt als an Waldrändern oder Weggrenzen. Teilweise wurden diese Markierungen auch etwas weiter weg vom eigentlichen Grenzpunkt gesetzt, sogenannte Rückmarken, nämlich dann, wenn dieser zum Beispiel in einem Bach oder Fluss lag oder in schwer zugänglichen Bereichen im Gebirge oder einem Moor. Dies ist beispielsweise sehr gut auch auf unserer Gemarkung zu sehen. So stehen an einer Stelle, ganz in der Nähe des Rosslochs, links und rechts des Alten Federbaches zwei Steine (Foto rechts). In deren Mitte fließt der Bach. Da man hier keinen Stein setzen konnte, wurden die beiden Grenzpunkte jeweils auf Gemarkung Bietigheim und der gegenüberliegenden Gemarkung Steinmauern gesetzt. Die Grenze verläuft genau in der Mitte dieser beiden Steine. Ihre geografischen Koordinaten sind: Längengrad: E 8,22577°, Breitengrad: N 48,90785°, Höhe ü. NHN 121 m.
Auch wenn der Grenzpunkt bereits überbaut war, wurde der kennzeichnende Stein an einer weiter weg gelegenen Stelle eingelassen. Von hier aus war dann der reale Punkt rechnerisch einwandfrei zu ermitteln. Wenn ein Gemarkungsgrenzstein drei oder vier verschiedene Gemarkungen kennzeichnet, so wird dieser als Drei- oder Viermärker bezeichnet. Häufig sind dann auf dem „Kopf“, der Oberseite des Steines die entsprechenden Grenzverläufe durch eingemeißelte Linien erkennbar.
Längengrad: E 8,28944°, Breitengrad N 48,92325°, Höhe ü. NHN 109 m; Distrikt II, Dammwald, Gewann Am Tiroler Stein, direkt an der alten Elchesheimer Straße
Sein genauer Standort: Längengrad E 8,28351°, Breitengrad N 48,90674°, HH ü. NHN 129 m
Die erste Vermessung der Flurstücke der Gemarkung Bietigheim fand in den Jahren 1857 bis 1859 statt. Die Ergebnisse der Vermessung wurden im Gemarkungsatlas kartiert. Das Generallandesarchiv Karlsruhe stellt alle Gemarkungsübersichten des Großherzogtums Baden im Internet zur Verfügung. Unter dem nachstehenden Link kann man die Bietigheimer Übersicht finden:
https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/bild_zoom/zoom.php?bestand=14217&id=10111477&screenbreite=1680&screenhoehe=1010
„Die Gemarkungsübersicht ist hier im Maßstab 1:10.000 dargestellt. Dabei ist auch zu sehen, dass 173 Gemarkungsgrenzpunkte entgegen dem Uhrzeigersinn eingetragen sind. Diese sind auch in der Regel auf den Steinen zu finden“, so Manfred Laubel vom Amt für Flurneuordnung, Geoinformation und Vermessung im Landratsamt Rastatt. Auf einer Karte, die sich nur auf den Distrikt I (Hardtwald) bezieht, sind exakt 60 Grenzsteineinträge zu erkennen. Demnach wurde der Stein mit der Nummer 1 direkt am sogenannten Fuchseck gesetzt. Der Stein mit der Nummer 60 sitzt unmittelbar daneben. Da die Steine stets entgegen dem Uhrzeigersinn aufgereiht und durchnummeriert waren ist auch zu erkennen, dass diese Steine zunächst nach Südwesten, später an der westlichen Hardtwaldgrenze und weiter gen Norden und Nordosten bis hin zu ihrem Ausgangspunkt am südöstlichen Gemarkungseck verlaufen. Hier grenzen die Nummer 1 und die Nummer 60 die Gebiete von Bietigheim, Muggensturm und Malsch ab.
Betrachtet man Gemarkungsgrenzsteine einmal genauer, so ist festzustellen, dass auf ihnen zunächst geheimnisvoll wirkende Zahlen und Zeichen zu finden sind. Teilweise sind sie auch schon stark verwittert. Sie zu entschlüsseln, ist gar nicht so einfach.
Auf der Gemarkung von Bietigheim hat mir der ehemalige (bis 12/2021) Revierförster Willi Renkert im Distrikt I, Hardtwald, drei Grenzsteine genannt, die lange Zeit als sogenannte trigonometrische Punkte für die Landesvermessung von Bedeutung waren.
Der hier abgebildete Sandstein kennzeichnet einen Grenzpunkt hin zur Gemarkung der Nachbargemeinde Malsch. Dort befindet er sich an der Bietigheimer Gewanngrenze mit der Bezeichnung Oberloh und Malscherwegschlag I/3.
Dieser links und rechts abgebildete Stein steht auf der Gewanngrenze Hadermark, an der Grenze zur Gemarkung Malsch. Auf ihm ist die Zahl 44 der durchlaufenden Nummerierung zu sehen. Diese Zahl entspricht aber der laufenden Nummer nach Malscher Zählweise. Auf der Bietigheim zugewandten Seite steht ein „n“ (für Nummer) und die Zahl 48. Außerdem ist das stilisierte fünfstrahlige Gemeindesigel Bietigheims eingemeißelt. Der Stein weist bereits starke Schäden auf.
Das angrenzende Gewann der Gemeinde Malsch heißt „Hadermark“. Der Begriff „hadern“ hat die Bedeutung von „streiten, zögern“, mit einer Sache, einem Sachverhalt unzufrieden zu sein – und das trifft hier genau zu. In dem Buch „1000 Jahre Bietigheim“ findet man auf Seite 68 hierzu eine ausführlichere Erklärung. Autor dieses Artikels ist Jürgen Hammer, Bergstraße. Er schreibt: „Ein Streitpunkt war schon immer ein Gebiet gewesen, welches sowohl an die Durmersheimer als auch an die Malscher Gemarkung grenzte. Aufgrund der Streitigkeiten nannte man es die `Hadermark´. Die älteste Urkunde im Gemeindearchiv Bietigheims vom 15. Juni 1573 (erhalten in einer Abschrift vom 15. Juni 1691) beinhaltet einen kaiserlichen Entscheid in diesem Streit zugunsten Bietigheims“.
Schwierig wird es, wenn man versucht, die Zahlen und Symbole zu verstehen, die sich auf Gemarkungsgrenzsteinen finden. So konnte ich bei meinen Recherchen einige Informationen finden, die dazu beitragen könnten, Gemarkungsgrenzsteine besser „lesen“ zu können. Ich erfuhr beispielsweise etwas über den Zusammenhang verschiedener Symbole auf den Steinen mit den Ortschaften, zu deren Abgrenzung voneinander sie einst gesetzt worden sind. Klaus Philippscheck schreibt dazu, dass kleinere Orte und Ansiedlungen in früheren Zeiten als „Flecken“ bezeichnet worden sind. Das kennt man eigentlich auch heute noch so. Aber jede dieser kleinen Ortschaften hatte ein eigenes Zeichen oder Symbol, mit dem sie ihre Gemarkungsgrenzsteine eindeutig identifizieren konnten. Diese Zeichen nahmen oft Bezug auf typische Besonderheiten des jeweiligen Ortes. Sie stellten einen Fisch, eine Pflugschar oder auch einen Kelch dar. Letzteres verwies dann auf kirchliche Besitztümer. Auf diese Weise entstanden vielerorts auch die Ortswappen, indem man die bereits vorhandenen Zeichen in die Gestaltung des Wappens übernahm.
Text und Fotos: Hermann Schmitt
Alte Grenzsteine - steinerne Zeugen unserer Geschichte Teil 3
Geheime Gegenstände unter Grenzsteinen
Um die Grenzsteine und deren unveränderte Lage kontrollieren zu können, wurden diese mit laufenden Nummern versehen. So konnte schnell festgestellt werden, ob ein Stein fehlte. Damit ein solcher nicht heimlich versetzt werden konnte um beispielsweise die eigenen Grundstücksgrenzen zu erweitern, wurden, je nach Landesteil, auch von damit beauftragten Bürgern der Gemeinde, so genannten Feldgeschworenen, unter den Grenzsteinen bestimmte Gegenstände eingegraben. Diese nannte man Grenzzeugen. Worum es sich dabei handelte, wussten nur sie und sie hielten dieses Wissen höchst geheim! Bei Grenzstreitigkeiten konnten sie auf diese Weise kontrollieren, ob der betreffende Stein noch an der alten Stelle stand oder ob sein Standort verändert worden war.
Weitere Informationen findet man hier:
Bedeutung und Funktion von Fleckenzeichen auf Grenzsteinen - Zeitreise BB (zeitreise-bb.de),
https://zeitreise-bb.de/fleck/
Dieser Link "zeitreise-bb.de" bezieht sich auf den ehemals württembergischen Landesteil. Im 19. Jahrhundert waren das Großherzogtum Baden und das Königreich Württemberg eigenständige Staaten, die auch für das Vermessungswesen eigene Gesetze und Verordnungen erlassen hatten. In Württemberg begannen die Grundstücksvermessungen nach 1818. Dort wurden auch Zeugen bei den Grundstücksgrenzsteinen eingebracht. In Baden begann die Waldvermessung 1833. Die Waldgrenzen wurden mit großen Sandsteinen abgemarkt und vermessen. Bei diesen Steinen brauchte man dann keine Zeugen mehr. Auch die normalen Grundstücksgrenzen wurden nach 1852 mit Sandsteinen abgemarkt und vermessen, ohne Zeugen. Die Gemarkungsgrenzen sind meistens früher abgemarkt worden. Hierzu gibt es keine verlässliche Angaben, ob Zeugen auch in Baden eingesetzt worden sind.
Der Grenzstein im Gewann "Hadermark"
Betrachtet man diesen Gemarkungsgrenzstein genauer, so findet man folgende Hinweise:
1. Blick von oben: Dieser Stein ist durch eine eingemeißelte, gewinkelte Kerbe in einem Verhältnis von etwa 3:1 unterteilt. Die gut erkennbare Linie wird von den Fachleuten Weisung oder auch Schleife genannt. Verläuft die Grenze schnurgerade, wird der Stein als Läufer bezeichnet. Wenn die Linie hingegen abknickt, so wie in nebenstehendem Bild, wird der Stein als Bogen bezeichnet. Diese Linien geben darüber Auskunft, dass das Gelände von diesem Standpunkt aus gesehen, in der Blickrichtung nach links, oben und rechts oben zur Gemarkung Bietigheim und auf der anderen Seite, Blickrichtung nach unten und rechts unten zu Malsch gehört. Er grenzt das Gewann "Hadermark" vom Gewann Malscherwegschlag I/3 ab.
Auch hier befindet sich dasselbe Zeichen wie auf der anderen Seite dieses Steines, ein große Y mit einer waagrechten Linie. Bei der Suche nach der Bedeutung dieses Zeichens war in Erfahrung zu bringen, dass das Zeichen höchstwahrscheinlich auf ein sehr altes fünfstrahliges Bietigheimer Prägesiegel des 19. Jahrhunderts zurückzuführen ist. Die Ortssiegel haben in der Geschichte Bietigheims mehrmals ihr Aussehen gewechselt. Der fünfstrahlige Stern war das aktuelle Symbol zur Zeit der Abmarkung der Bietigheimer Gemarkungsgrenze im 19. Jahrhundert. Dies bestätigte mir auch Manfred Laubel (Landratsamt Rastatt). Die Buchstaben GB bezeichnen die Gemarkung Bietigheim.
Mit etwas Phantasie ist es denkbar, dass der fünfstrahlige Stern in der Mitte dieses Siegels aus dem 19. Jahrhundert tatsächlich zu dem erwähnten großen Y mit einem Querstrich stilisiert wurde. Es trägt die Aufschrift: "Ortssigill der Gemeinde Bitigheim".
Bis heute findet sich dieses Symbol für die Gemeinde Bietigheim auf den alten Grenzsteinen unserer Gemarkung.
Bildquelle: 1.000 Jahre Bietigheim, Hrsg. Gemeinde Bietigheim, S. 67
Auf dieser Seite bedeutet der Eintrag GM den Hinweis auf die Gemeinde Malsch, wobei der nach unten zeigende, stark ausgearbeitete "Pfeil" ganz eindeutig darauf zu verweisen scheint, dass dieser Grund und Boden zu der genannten Gemeinde gehört. Aber was hier zunächst nur als Pfeilsymbol erscheint, weist auf eine Pflugschar hin, wie ich von Gerhard Bullinger aus Malsch erfahren konnte.
Die Gemeinde Malsch hat hierzu ebenfalls einen umfangreichen Artikel veröffentlicht:
https://www.heimatfreunde-malsch.de/kleindenkmale-wegkreuze/
Weitere interessante Informationen zum Thema Grenzsteine finden sich auch auf dieser Seite der Stadt Rheinstetten. Sie hat zu diesem Thema sogar einen eigenen Flyer herausgebracht:
https://www.rheinstetten.de/files/rhsinternet/dateien/rathaus/buergerservice/broschueren%20flyer/grenzsteine-neuburgweier-suchen.pdf
Text und Fotos: Hermann Schmitt
Teil 4 - Mysteriöse Geschichten rund um Grenzsteine
Dass es rund um Grenzsteine auch viele interessante, mysteriöse, ja geradezu gruselige Geschichten gibt, erwartet man zunächst bei dieser Thematik nicht. Doch zwei solcher Erzählungen seien hier wiedergegeben:
Bei Grenzbegehungen wurden in früheren Zeiten gerne Knaben als Zeugen mitgenommen. Damit sie sich die Lage der Grenzsteine ganz genau einprägten, wurde ihnen (angeblich) an jedem Grenzstein - quasi als Gedächtnisstütze - eine Ohrfeige verpasst. Man schrieb es ihnen sprichwörtlich "hinter die Ohren".
Alte Sagen berichten von gestraften Grenzsteinverletzern, die im Grabe keine Ruhe fanden. Als feurige Gestalt mussten sie nachts in der Nähe ihrer Untat umgehen. Sie konnten erst erlöst werden, wenn sie auf ihren nächtlichen Umgängen einen mutigen Mann antrafen, der ihnen auf ihre stets wiederholte Frage: "Wo setze ich meinen Grenzstein?" die richtige Antwort gab: "Setz ihn, wo du ihn nahmst!" Die Quellenlage zu diesen und vielen ähnlichen Geschichten ist sehr diffus. Häufig unterscheiden sich die Erzählungen nur um Nuancen. Die hier wiedergegebenen Sagen wurden knapp zusammengefasst. Im Internet findet man eine Fülle an derartigen, jeweils variierenden Überlieferungen unter dem Begriff `Sagen zu Grenzsteinen´.
Diese Steine stehen im sogenannten Fuchseck, an der Grenze zu Muggensturm;
Geografische Koordinaten: Breitengrad N 48,88644°, Längengrad E 8,2882°, Höhe über NHN 123 m
An diesem Punkt wurde für den Distrikt I (Hardtwald) der erste und der letzte Stein gesetzt. Das bedeutet, dass die Steine, die durchlaufend nummeriert waren, immer entgegen dem Uhrzeigersinn an den Gemarkungsgrenzen gesetzt wurden. Deshalb stehen an dieser Stelle, wie auf einer alten Karte und auf dem aktuellen Foto (Januar 2022) zu erkennen ist, zwei Steine. Die Zählung der Steine verlief ab diesem hier zu sehenden Punkt zunächst nach Südwesten, also links herum. Am Ende der Grenzmaßnahmen, die die Gemarkungen von Durmersheim, Malsch und Muggensturm betrafen, steht dieser hier auf dem Foto rechts abgebildete Stein.
Dieser Stein steht im Gewann Oberloh, an der Gemarkungsgrenze zu Durmersheim.
Geografische Koordinaten: Breitengrad N 48,90674°, Längengrad E 8,28351° Höhe ü. NHN 129 m
Der "Kopf" dieses Begrenzungsteines ist sehr interessant. Denn eigentlich weist die Einteilung der hier gut sichtbaren Linien auf sechs verschiedene Gemarkungen hin. Dies trifft hier aber keinesfalls zu. Möglicherweise befanden diese Einkerbungen sich bereits bereits auf dem Stein, ehe er als Grenzstein Verwendung fand.
Wer die Orte der hier genannten geografischen Koordinaten auf einer Karte finden möchte, könnte dieses Programm benutzen: https://www.laengengrad-breitengrad.de/laengengrad-breitengrad-zu-adresse
Text und Fotos: Hermann Schmitt
Grenzsteine am alten Federbach - Teil 5
Grenzstein im Scheidgraben zur Ötigheimer Gemarkung
Die hier vorgestellten Grenzsteine befinden sich alle im Bereich des alten Federbaches. In den Abbildungen 1 bis 6 ist ein Stein zu sehen, der zunächst ganz unscheinbar wie ein kleiner Baumstumpf aussah. Er war völlig vom Moos überzogen und steht links von der Infotafel am Rossloch. Einige Meter weiter führt eine kleine Holzbrücke über den alten "Scheidgraben", der ab diesem Abschnitt die Grenze zur Gemarkung Ötigheims bildet. Er verläuft, vom Rossloch kommend, parallel zu dem Hauptweg in Richtung Federbachkanal. Überwiegend liegt er trocken. Dies war in früheren Jahren anders.
Der besagte Stein markiert hier die Grenze zwischen "Bietje" und "Etje". Sicherlich bleibt er weitgehend unbeachtet, da er inmitten des trockengefallenen Scheidgrabens steht und auch nicht höher als etwa 45 cm ist. Seine geografischen Koordinaten sind: Breitengrad N 48,90448°, Längengrad E 8,22572°, Höhe ü. NHN 104 m. Auch er trägt das für unsere Gemeinde typische stilisierte fünfzackige Siegel, das auf den ersten Blick wie ein großes Y mit einem Querstrich aussieht.
An seinem Sockel sind ein "n" (vermutlich für "laufende Nummer") und die Zahl 27 zu erkennen. Dazu führt er die Bezeichnung GB und die Zahl 34. Auf die Gemeinde Ötigheim weisen der Eintrag "GÖ" sowie die Zahl 225 hin. Außerdem findet sich auf der vierten Seite ein Eintrag, der wie ein großes "Z" aussieht und zusätzlich am Fuß die Zahl 125. Dieses "Z" steht für den sogenannten "Doppelhaken" der sich bis heute im Ötigheimer Ortswappen wiederfindet. Oben, auf dem "Kopf" des Steines, verläuft eine Linie, die den Verlauf der Grenze anzeigt. Diese Linie oder Rille wird auch als "Schleife", "Krinne" oder "Grimme" bezeichnet (vgl. Kleindenkmale Baden-Württemberg, Hrsg. Martina Blaschka, Arbeitsheft 43, Jan Thorbecke Verlag, S. 265). Sie zeigt dem Betrachter die Gemarkungsgrenze, die hier im Scheidgraben verläuft.
Text und Fotos: Hermann Schmitt
Alte Grenzsteine Bietigheims Teil 6
Grenzsteine als Zeitzeugen drohen unterzugehen
Heutzutage werden Grenzvermessungen jedweder Art überwiegend mit satellitengestützten Messverfahren (mittels GPS u. a.) eingemessen und es wird meist durch Kunststoffmarken oder Metallbolzen abgemarkt. Alte Grenzsteine, wie man sie in vielen Gegenden unseres Landes bereits ab dem 16. Jahrhundert vorfindet, wurden mit der Zeit immer seltener. Waren sie durch Witterungseinflüsse vergangener Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte beschädigt oder nicht mehr "lesbar", wurden sie in der Vergangenheit vielfach durch neuere, geschliffene Granitsteine ersetzt. Viele von ihnen fielen auch Baumaßnahmen unterschiedlichster Art zum Opfer. Straßenbau, Waldbewirtschaftung, Renaturierungsmaßnahmen, die mit der Verlegung von Bach- oder Flussläufen verbunden waren, nahmen häufig keine Rücksicht auf die vorgefundenen steinernen Zeitzeugen. Außerdem war und ist ihre Erhaltung früher wie heute durchaus mit einem erheblichen Sach- und Kostenaufwand verbunden. Auch dies bewirkte, dass man die alten Grenzsteine allzu gerne im wahrsten Wortsinne "links liegen ließ", anstatt sie mit einer Grenzfeststellung neu bestimmen und abmarken zu lassen. Manche von ihnen, besonders jene, die eventuell mit interessanten Zeichen und Symbolen versehen waren, fanden auf nicht immer legale Weise vielleicht den Weg in einen Garten oder wurden als Mauersteine verwendet. Denn illegal ist das Entfernen der oftmals noch immer gültigen Grenzzeichen nach wie vor und nach dem Vermessungsgesetz eine Ordnungswidrigkeit. Andere Grenzsteine versanken im Laufe von Jahrzehnten an ihren Standorten still und leise in der Erde. Für das letztgenannte Beispiel gibt es auch auf unserer Gemarkung einige Belege. Diesem hier abgebildeten Stein, der an der Gemarkungsgrenze im Distrikt II (Dammwald), heute inmitten des Scheidgrabens (Grenzgraben zu Ötigheim) steht, droht ebenfalls das Versinken im Untergrund für alle Zeiten.
Er ragt nur noch wenige Zentimeter aus dem Boden heraus. Man sieht ihn kaum noch. Im Rahmen von Holzfällerarbeiten, die im direkt angrenzenden Ötigheimer Wald durchgeführt wurden, wurde quasi über ihn hinweg eine Zufahrt angelegt. Sie führt vom dortigen Weg durch den meist trocken-liegenden Grenzgraben in das erwähnte Waldstück auf Ötigheimer Seite ("Strietwald"). Geografische Koordinaten: (Breitengrad) N 48,90412°, (Längengrad) E 8,22745°, Höhe ü. NHN (Normalhöhennull) 102 m. Wollte man ihn erhalten, hieße dies, dass er natürlich zunächst gehoben werden müsste. Dann wäre eine neue Einmessung durch das Amt für Flurneuordnung, Geoinformation und Vermessung (Landratsamt Rastatt) oder einen öffentlich bestellten Vermessungsingenieur erforderlich, ehe er seinen originalen Standplatz wieder erhalten könnte. Ihn nur zu heben und neu aufzustellen wäre nicht sach- und fachgerecht, da man ja nicht wüsste, an welcher Stelle der tatsächlich richtige Grenzpunkt ist, an dem er positioniert werden müsste. Die Stadt Eppingen geht einen interessanten Weg um ihre alten Grenzsteine zu schützen Dort werden die erhaltenswerten Grenzsteine mit einem sogenannten Dreibockgerüst vor weiteren Beschädigungen oder gar vor dem Untergang geschützt (vgl. Klein-Denkmale Baden-Württemberg, Arbeitsheft 43, Hrsg. Martina Blaschka, Jan Thorbecke Verlag, S. 273). Vielleicht wäre dies auch in diesem Falle eine Option.
Einem ähnlichen Schicksal, nämlich in Vergessenheit zu geraten und dadurch auch früher oder später unterzugehen, sehen manche der Steine auf Bietigheimer Gemarkung entgegen, von denen noch einige sichtbar sind. Hier zwei Beispiele:
Stein am alten Federbach
Er sitzt am Grenzpunkt der Gemarkungen von Ötigheim, Steinmauern und Bietigheim. Je nach Wasserstand des alten Federbaches ist er nicht direkt zugänglich. Sein Standort: N 48.90563°, E 8.22477°, Höhe ü. NHN 117 m, gemessen von der gegenüberliegenden (Bietigheimer) Seite.
Dieser Stein, rechts unten zu sehen, steht an der Grenze zwischen Steinmauern und Bietigheim, im Gewann Darlach. Sein Standort: N 48,91155°, E 8,23071°, Höhe ü. NHN 111 m
Auch diese Steine, ebenfalls im genannten Bereich zwischen Steinmauern und Bietigheim stehend, werden durch Gestrüpp, dichten Baumbestand und Überwucherung vielleicht eines Tages nicht mehr auffindbar sein, weil sie allmählich versinken.
Der Brückenweg führt im Dammwald entlang der Grenze zur Gemarkung Durmersheim und stößt letztlich wieder auf auf den Federbach (kleine Brücke südlich des Motoballplatzes). Geht man an ihn entlang, so kann man auch hier einige Grenzsteine entdecken. Einen Anhaltspunkt bieten diese Daten: N 48, 92489°, E 8,24628°, Höhe ü. NHN 119 m. Der Weg führt entlang der Bietigheimer Gewanne Brückenwinkel und Rottelwiese N 48,92483°, E 8,24653°, Höhe ü. NHN 121 m.
Fotos und Text: Hermann Schmitt
Alte Grenzsteine Bietigheims Teil 7
Grenzsteine an der Gemarkungsgrenze zu Durmersheim
Abbildung 1 Blick von der Gemarkungsgrenze Durmersheim- Bietigheim in Richtung Friedhof; das Gewann heißt Schafäcker. Auf der gegenüberliegenden Seite, über der alten B 36 Richtung Osten, liegt das Gewann Breitenbaum.
Abbildung 2 Zahlreiche kleinparzellige Grundstücke befinden sich im Gemarkungsbereich nördlich des Friedhofes, entlang der Gemarkungsgrenze zu Durmersheim; dieser Kartenausschnitt stammt aus einer Karte des Jahres 1985 im Maßstab 1:5000; anzumerken ist, dass nur mit Mühe hier der Grenzverlauf und die Position einzelner Grenzsteine zu finden ist.
Abbildung 3 Diese beiden Steine sind links von der alten B 36 in Fahrtrichtung Durmersheim gut zu erkennen. Sie stehen nahe am Gestadebruch. Der Stein im Vordergrund trägt die Nummer 159. Rechts davon beginnt bereits der Durmersheimer Gemarkungsbereich. Ihre Position: BG (Breitengrad 48,91873; LG (Längengrad) 8,25828; Höhe ü. NHN 118 m
Es ist oft mühevoll, die teilweise verwitterten Inschriften, Zahlen und Symbole auf den Steinen zu entziffern. Zunächst müssen sie gereinigt werden. Mitunter sind sie von einer dicken Moosschicht überwuchert oder auch unter Gebüschen und umgestürzten Bäumen begraben. Text und Fotos: Hermann Schmitt; Quelle der Karte: Aus dem Privatbesitz von Jürgen Hammer, Hrsg.: Landesvermessungsamt BW DGK 5, 1:5000
Text und Fotos: Hermann Schmitt
Abbildung 1: Ganz unten, rot eingezeichnet, befindet sich das Ortsgebiet von Bietigheim (Quelle 1)
Alte Grenzsteine Bietigheims Teil 8
Der verschollene Krebsbach
Erkundigt man sich heute nach dem "Krebsbach", so ist schnell festzustellen, dass dieser Namen und der Bachverlauf eigentlich niemandem mehr bekannt ist. Auch auf den Landkarten neueren wie älteren Datums ist er nicht mehr zu finden. Dennoch gab es ihn auf unserer Gemarkung! Er erstreckte er sich einst ungefähr vom Gewann "Brückenwinkel", an der Grenze zu Durmersheim, bis in den Bereich "Breitwiese" im Dammwald und bildete gleichzeitig die Grenze zur Gemeinde Elchesheim. Heute ist der Krebsbach in wenigen Karten nur noch auf einer kurzen identischen Strecke deckungsgleich mit dem alten Federbach verzeichnet.
Abbildung 2 Der Verlauf des ehemaligen Krebsbaches wurde hier in Blau nachgezeichnet. Teilweise war er identisch mit dem alten Federbach (Quelle 2)
Abbildung 3 Der Stein trägt auf einer Seite die Nummer 123; N 48,92188° (Breitengrad), E 8,23718° (Längengrad), Höhe ü. NHN 108 m. Die Rille auf dem Kopf des Steines ist ein typischer Hinweis auf den an dieser Stelle nach links abknickenden Grenzverlauf des ehemaligen Krebsbaches.
Allerdings ist auch festzustellen, dass er nicht vollständig im Bett des alten Federbaches floss. Denn westlich der Verbindungsstraße Bietigheim - nach Elchesheim-Illingen (K 3737) verschwenkte er ein Stückweit, verließ den Lauf des alten Federbaches und bildete einen eigenen Bachlauf.
Hiervon ist heute allerdings direkt vor Ort kaum mehr etwas festzustellen. Außer der Tatsache - und das ist im Rahmen dieser Berichte zu den örtlichen Grenzsteinen entscheidend -, dass man hier noch die alten Grenzsteine finden kann! Das ursprüngliche Bachbett des Krebsbaches ist aktuell nur noch der Spur nach im Wald zu finden. Die Fotos zeigen, wie die alten Steine heute an den ehemaligen Ufern des mittlerweile völlig ausgetrockneten und weitgehend zugewachsenen Bachbettes inmitten des dichten Waldes stehen. In dem hier abgebildeten Plan wurde der Krebsbach in der Farbe Blau nachgezeichnet, die rot-weißen Pfeile zeigen seinen ehemaligen Verlauf. In der Karte ist die Verbindungsstraße von Bietigheim nach Elchesheim-Illingen (K 3737) gut zu erkennen.
Abbildungen 4,5,6 Die Grenzsteine mit den Bezeichnungen 7,8 und 9 stehen jeweils etwa 200 Meter weit auseinander. Jeder von ihnen hat ein Gegenüber. Zwischen ihnen verlief ursprünglich der Krebsbach. Dieser bildete in diesem Abschnitt die Grenze zu Elchesheim; in alten Karten sind die Steine mit den Nummern 6-1 noch eindeutig vermerkt; sie sitzen nördlich der K 3737; aufgrund der starken Verbuschungen in diesem Bereich kann man sie vor Ort jedoch kaum mehr auffinden. Diese Steine stehen im Bereich von N 48,92141° (Breitengrad), E 8,23549° (Längengrad), Höhe ü. NHN 115 m
Abbildung 7 Auch hier findet sich wieder das stilisierte Ortssiegel der Gemeinde Bietigheim, das vermutlich auf einen fünfstrahligen Stern zurück geht.
Abbildung 8 Die gut erkennbare Kerbe im Kopf des Steines zeigt, dass hier der Grenzverlauf schnurgerade, ohne Kurven oder Knicke verläuft.
Text und Fotos: Hermann Schmitt, Quelle 1: Karte von 28. Oktober 1873, ausgefertigt von Hauptmann und Companiechef Seiler anlässlich einer Felddienstübung zur Verteidigung Bietigheims; aus dem Privatbesitz von Karl Rittler; Quelle 2: Karte aus dem Privatbesitz von Jürgen Hammer, Hrsg. Landesvermessungsamt BW DGK 5, 1:5000