Das Sandstein-Ensemble in der Leichenhalle
Fast wie ein Relief wirkt dieses Sandstein-Ensemble, das im Eingangsbereich der Leichenhalle angebracht ist
In früheren Jahren fanden in dieser Vorhalle die Trauerfeiern für die Verstorbenen statt. Erst in späteren Jahren wurden diese in die alte Kirche (Kapelle) verlegt, da die Vorhalle angesichts der immer größer gewordenen Anzahl an Trauergästen zu klein geworden war. Der Sarg stand unmittelbar vor dem Kreuz. Die Trauernden waren damit immer auch direkt mit diesen Bildern konfrontiert.
Zunächst fällt demnach das große Kreuz in den Blick, an dem der Christuskorpus fehlt. Es ist ganz schlicht gearbeitet, ohne jegliche künstlerische Ausprägung. Dies ist sicherlich so beabsichtigt. Angesichts des Todes (Jesu) bedarf es in dieser dunklen Stunde keinerlei tieferer Symbolik.
Der Künstler, der diese drei Bilder angefertigt hat, beließ es mit seiner Aussage nicht beim leeren Kreuz. Vielmehr erinnert er in dem links angebrachten Sandsteinbild an Josef von Arimathäa. Dieser war ein Ratsherr, Mitglied im Hohen Rat und damit ein Angehöriger der höchsten jüdischen Behörde unter der römischen Oberherrschaft. Von ihm berichtet der Evangelist Markus (vgl. Mk 15, 42 ff), dass er, ein "vornehmer Ratsherr, der auch auf das Reich Gottes wartete", zu Pilatus ging und ihn darum gebeten hat, dass er ihm den Leichnam Jesu überlassen möge. Josef kaufte daraufhin ein Leinentuch, in das er den Leichnam einwickelte und legte Jesus in ein Felsengrab. Die Ausgestaltung des Bildes lässt gut erkennen, dass es sich auch tatsächlich um die geschilderte Szene handelt. So trägt Josef das für die Ratsherren typische Stirnband, wie man es auch häufig in kunstgeschichtlichen Darstellungen findet. Er hält den Leichnam in seinen Armen. Jesus ist ebenfalls eindeutig zu erkennen, trägt er doch die typischen Spuren der Einstichstelle unter seinem Herzen. Hier wird künstlerisch umgesetzt, was im Evangelium des Johannes so geschrieben steht: "...einer der Soldaten stieß mit einer Lanze in seine Seite und sogleich floss Blut und Wasser heraus" (vgl. Jh., 19, 34). Die Frage allerdings, weshalb der Künstler gerade diese Szene für die Eingangshalle der Leichenhalle gewählt hat, lässt der Interpretation einigen Spielraum offen. Er stellt eine Golgota-Situation dar. Jesus ist an dieser Hinrichtungsstätte vor den Toren Jerusalems am Kreuz gestorben, für uns Menschen. Auch der Gottessohn musste den schmerzlichen und zunächst unvorstellbaren Weg der Folter, des Leides, der Schmerzen und der Demütigungen gehen, bis hin zu seinem Tode. Das Bergen seines Leichnams stellt gewissermaßen eine Zwischenstation dar. Gerade hatte ihn der Tod ereilt - noch ist er nicht begraben. Dem barmherzigen Samariter (vgl. Lk 10, 25-37) gleich kümmert sich Josef von Arimathäa um den Verstorbenen, hält ihn in den Armen und sorgt dafür, dass er ein unter den gegebenen Umständen würdiges Begräbnis erhält. Die Botschaft für uns, die wir vor diesen drei "Bildern" stehen ist wohl so zu verstehen, dass mit dem Tod nicht alles einfach vorbei ist. Im christlichen Glauben ist die Gewissheit fest verankert, dass Gott uns trägt und stützt, dass dieser irdische Weg nur ein Übergang ist. Stellt man sich die Situation der Menschen vor, die am Sarg eines geliebten Verstorbenen in der Leichenhalle stehen, so entspricht diese exakt der auf dem Bild dargestellten. Der oder die Verstorbene, aufgebahrt im Sarg vor diesen drei Sandsteinreliefs, ist ebenfalls noch nicht begraben. Das Bild stellt einen Übergang dar, der nicht ohne Hoffnung ist. Der Blick des Helfenden geht nach oben. Der Zuschnitt des Bildes hat eine innere Dynamik, die von rechts unten nach links oben führt. Es vermittelt auf diese Weise nicht den absoluten Stillstand, als bliebe angesichts des Todes die ganze Erde stehen, sondern es weist auf ein Danach hin. Hier trifft sich diese Bildaussage wiederum mit dem christlichen Glauben: Gott hat auch uns im Tode nicht verlassen! Er greift uns unter die Arme, trägt uns, kümmert sich um uns. Gott richtet den Verstorbenen auf zum neuen, ewigen Leben, nachdem sein irdischer Weg vollendet ist. Der Glaube daran, dass mit dem Tod nicht alles zu Ende ist, kommt sehr deutlich in diesem ausdrucksstarken Bild zur Geltung. Es wird auch mit meinem Sterben nicht "aus und vorbei" sein. Vielmehr gibt es da einen, der mich aufnehmen wird. Einen, der mir unter die Arme greift und in seiner Barmherzigkeit sich herab beugt zu mir. Dieser Glaube kann uns trösten und Mut machen, dass unsere Verstorbenen in der Nähe Gottes sind und auch unser Ableben eines Tages in dieser Weise getragen sein wird.