Offensichtlich verfügte der für die Inschrift verantwortliche Steinmetz nur über begrenzte Schreibfähigkeiten, weshalb er die Namensformen stark verfremdet wiedergab. Immerhin lassen sich aus dem Befund folgende Personen erschließen: Hans Rupert Dung, Hans Mildrat, Jakob Kampheiz und ggf. Martin Bertsch. Auf ihre Initiative oder unter ihrer Aufsicht wurde der Bildstock offensichtlich gefertigt. Unter ihnen ist der erstgenannte Stifter Hans Rupert Dung auch urkundlich als Bietigheimer Einwohner bezeugt, unter anderem für 1695 und 1697.1 Dadurch lässt sich die stark verwitterte Jahresangabe der Inschrift eindeutig auf 1688 festlegen.2 Während die Namen Kampheiz und Bertsch ebenfalls für Bietigheim bezeugt sind, findet sich für Mildrat bisher noch kein Beleg, doch scheint die Lesung an dieser Stelle weitgehend eindeutig.3
a) So offenbar für RVPERT oder RVP(ER)DVS; zur urkundlich nachgewiesenen Person Hans Rupert Dung vgl. Anm. 1.
b) Das vorletzte N unsicher. Lies vielleicht auch: MIELDRODDEN. Offensichtlich eine Form des Namens Mildrat.
c) Das Wort stark beschädigt; lies vielleicht auch IOSEP.
d) So für den anderweitig belegten Bietigheimer Namen Kampheiz bzw. Kambeitz.
e) Offenbar verschrieben. Denkbar ist die Lesung MARD(IN) PERRSC[H] als Schreibvariante für Martin Bertsch.
1) Vgl. Generallandesarchiv Karlsruhe Sig. 37 Nr. 2504, 2505, 3115.
2) So bereits bezeugt in: Die Kunstdenkmäler des Landkreises Rastatt, bearb. v. Peter Hirschfeld u. a. (Die Kunstdenkmäler Badens XII/1), Karlsruhe 1963, S. 44.
3) Siehe hierzu unten die Angaben von Irmgard Dürrschnabel."
So stellt sich die Inschrift dar, selbst wenn sie speziell belichtet wird. Für Laien ist dies nicht lesbar.
Zu den hier erwähnten Namen konnte Irmgard Dürrschnabel ebenso noch einige Ergänzungen benennen. "Der zuerst erwähnte Hans Rupert Dung war damals tatsächlich der Wirt des Gasthauses "Zum Ochsen" und Heiligenhofbeständer. Das Gasthaus mit der daneben befindlichen Zehntscheuer, später bekannt als "Bährles Huus"*, war zusammen mit dem Pfarrhaus der sogenannte Heiligenhof, das heißt er gehörte der Kirche. Die Tochter des Hans Rupert Dung heiratete den Metzger Johannes Dreixler, dessen Vater ein reicher Mann aus dem schwäbischen Land war und brachte den Ochsen wieder auf Vordermann. Auf dem Platz, auf dem die erwähnte Zehntscheuer, später bekannt als Bährle-Haus (Abriss 1964) stand, steht heute das 1965 erbaute Gemeindehaus. Der zweite Namen könnte Hans Michael (Michel) lauten. Der Nachname ist unklar. Jakob Kambeitz war Schultheiß zu jener Zeit. Martin Bertsch war Stabhalter, nach einer Gülterechnung von 1670 auch mal Schultheiß."
Der Säulenschaft ist links und rechts geprägt von senkrecht eingemeißelten Rillen (Kannelierungen). In der Mitte ist noch gut eine Verzierung erkennbar, die als Palmettenleiste bezeichnet wird (vgl. Zeugen der Zeit. Bildstöcke und Kreuze im Landkreis Rastatt, 1985, S. 62). Einen Bildstock erstellen zu lassen, kostete vermutlich deutlich weniger als ein Steinkreuz. Bildstöcke als Form religiöser Zeichen, die einstmals auch auf Feld und Flur anzutreffen waren, gelten als überwiegend privat gesetzte Denkmale und waren ein sichtbares Zeichen dieser privaten Frömmigkeit. Man kann jedoch davon ausgehen, dass keiner von ihnen ohne einen besonderen Grund gestiftet worden ist. Jedes dieser steinernen Merkmale hat "außer dem Material- und Formwert den inneren Wert der Weihegabe" (vgl. Zeugen der Zeit. Bildstöcke und Kreuze im Landkreis Rastatt, 1985, S. 42/42). Allen diesen steinernen Zeugen aus einer längst vergangenen Zeit, ob Wegkreuze oder Bildstöcke, liegt die Absicht zugrunde "Gott zu ehren". "Dies könnte geradezu als Motto der Denkmalsetzung gelten" (a.a.O., S. 44).
Die hier niedergeschriebene Inschrift ist erstmals seit Jahrhunderten auf einer fundierten wissenschaftlichen Grundlage entziffert worden. Damit kann sie nunmehr den nachfolgenden Generationen weitergeben werden in der Hoffnung, dass sie nie verloren gehen wird.
Der Bildstock am Friedhofsweg befindet sich im Besitz der Gemeinde Bietigheim.
Sehr bedauerlich ist, dass es heute keine Hinweise auf weitere solcher Bildstöcke gibt. Diese gab es bei uns in Bietigheim sicherlich in größerer Anzahl. Im privaten Bereich konnte ich allerdings drei Bildstöcke entdecken. Zwei von ihnen sind aus einem Baumstamm herausgearbeitet, der dritte wurde vor einigen Jahrzehnten in Sandstein gehauen.
Text: Hermann Schmitt, Irmgard Dürrschnabel, Dr. Jan Ilas Bartusch; Bilder: Hermann Schmitt u. Archiv der Gemeinde Bietigheim; die Bildvorlagen für die Forschungsstelle Deutscher Schriften wurden von Martin Dürrschnabel fotografiert; *vgl. Bietigheimer Bilderbuch v. Karl Rittler, S.29, hier findet sich eine Fotoaufnahme dieses Hauses aus dem Jahr 1908