Das Hochkreuz auf dem ehemaligen Kirchhof bei der Kapelle
Das Hochkreuz auf dem ehemaligen Kirchhof bei der Kapelle
Im Mittelpunkt der heutigen Darstellung steht das Hochkreuz im ehemaligen Kirchhof, direkt neben der Leichenhalle. Das Kruzifix mit Engelsköpfen links und rechts des Querbalkens sowie zu Füßen des Gekreuzigten ist aus grauem Sandstein und hat eine Höhe von 425 cm und eine Breite von 106 cm. Am oberen Ende des senkrechten Balkens ist ein Jüngling mit fast schulterlangen Haaren zu sehen. Er soll vermutlich einen Engel darstellen. Seine Arme und Hände nehmen eine Haltung ein, aus der man folgern könnte, dass sie eine Art Urkunde oder Plakat halten. Dieses ist leicht geschwungen. Darauf stand gewiss ursprünglich das bekannte INRI (Jesus Christus, König der Juden). Leider ist die Inschrift, ebenso wie die weiteren Hinweise, die einst auf dem Sockel zu lesen waren, stark verwittert und nicht mehr zu entziffern. Der Christuskorpus zeigt den Heiland mit geschlossenen Augen und seitlich gesenktem Kopf. In dieser Darstellung trägt er einen Vollbart, im Unterschied zu dem Kreuz an der Rhein-/Kirchstraße. Die Arme erstrecken sich bis zu den Engelsköpfen links und rechts des Querbalkens. Sie zeigen starke Verwitterungsspuren in Form von Abplatzungen und deutlichen Rissen. Sein Lendentuch wurde von dem Bildhauer einst mit ausgeprägtem Faltenwurf ausgearbeitet und wirkt daher wie ein fließender Stoff. Die Füße sind an den Fesseln von tiefen, quer verlaufenden Rissen durchzogen. Sie ruhen auf dem dritten Engelskopf. Am unteren Ende des Längsstammes findet sich ein relativ klar herausgearbeiteter Totenschädel, der wiederum u. a. auf unser aller Sterblichkeit verweist. Die ursprünglich am Sockel befindliche Inschrift ist heute nicht mehr lesbar. Doch Aufzeichnungen aus früheren Jahren, die von Irmgard Dürrschnabel dokumentiert wurden, zeigen, dass folgender Text hier stand: "Hans Michael Wagner, Gerichtsmann von Bitigh hat dies Crutz Aufrichten las 1773." Hans Michael Wagner wurde am 01.01.1722 geboren, er heiratete Maria Rosina Ganz. Aus dieser Ehe gingen fünf Töchter hervor. Er starb am 09.10.1772. Wie aus der Jahreszahl am Kreuz zu sehen ist, wurde dieses ein Jahr nach seinem Tode erstellt. Die Herstellung eines steinernen Hochkreuzes war zur damaligen Zeit nicht billig, und so blieb die Errichtung bzw. Stiftung eines solchen weitgehend der dörflichen Oberschicht vorbehalten. Als berufliche Stellung ist "Gerichtsmann" angegeben.
Nach der badischen Gemeindeverfassung bestand das Verwaltungsorgan je nach Größe eines Dorfes aus drei bis zwölf Mitgliedern und führte die Bezeichnung "Gericht". Dieses Gericht vertrat die Gemeinde und ihre Rechte und war für "Gehorsam und Ordnung" der Bürgerschaft verantwortlich. Ein Gerichtsmann wurde analog der Rastatter Gemeindeordnung vom versammelten Gericht auf Lebenszeit gewählt. Die Leitung des Gerichtes lag in den Händen des Schultheißen. Der Amtsvertreter des Schultheißen war der Bürgermeister bzw. Stabhalter, dem wiederum der Gemeindeausschuss unterstand.
Im Jahre 1974 wurde eine Neugestaltung im Bereich um das Hochkreuz durchgeführt. Dabei wurden 32 Kriegsgräber vom Friedhof-Feld 4 unter Mitwirkung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge in den ehemaligen Kirchhof vor dem Hochkreuz umgebettet. Die Namen der im 2. Weltkrieg und eines 1949 Verstorbenen sind auf zwei Gedenktafeln vermerkt, die vor diesem Kleindenkmal in die Erde eingelassen worden sind. Besonders tragisch ist dabei, dass auch zwei Kinder erwähnt werden, die nur neun und zwölf Jahre alt waren. Am Volkstrauertag, 17. November 1974, ist die Grabstätte vom damaligen Bietigheimer Pfarrer Clemens Schwörer eingeweiht und von Bürgermeister Wilhelm Heck in die Obhut der Gemeinde übernommen worden. Heute gehört das Kreuz demnach, ebenso wie die Kapelle, in den Besitz der Gemeinde Bietigheim.
Empfehlenswert ist ein Blick auf die Homepage der Pfarrgemeinde Heilig-Kreuz Bietigheim. Hier wurden von Irmgard Dürrschnabel viele weitere Details zusammengetragen: "Bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts wurden die Toten allgemein in der Kirche (hier vor allem Priester) und dem Kirchhof (das die Kirche umgebende Gelände) begraben. Darin drückte sich die Hoffnung katholischer Christen aus, durch die Nähe zu den Heiligenreliquien und durch die Fürbitten der Gemeinde ihr Seelenheil zu erlangen.Im alten Bietigheimer Kirchhof gab es vorwiegend Holzkreuze. Nur wenige Bietigheimer konnten für ihre verstorbenen Angehörigen ein steinernes Grabmal oder ein Hochkreuz kaufen."
www.kath-suedhardt-rhein.de/einrichtungen/pfarrkirchen/pfarrkirche-heilig-kreuz/geschichte-der-alten-kirche/gruppe-alter-grabdenkmaeler/
Text u. Bild: Hermann Schmitt und Irmgard Dürrschnabel