Das Hochkreuz auf dem Friedhof mit Pfarrer-Rössler-Widmung
Dieses Hochkreuz wurde etwa in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts aus hellem Sandstein hergestellt. Es befindet sich auf dem Friedhof inmitten zweier Wegkreuzungen, die von West nach Ost sowie von Nord nach Süd verlaufen. Auch an ihm haben die Jahrzehnte seit der letzten Restaurierung (1985) ihre deutlich erkennbaren Spuren hinterlassen. Einmal im Jahr wird das Hochkreuz auf dem Friedhof auch heute immer noch zum Mittelpunkt von vielen Menschen. Dann nämlich, wenn der örtliche Musikverein an Heiligabend weihnachtliche Weisen erklingen lässt.
Das Hochkreuz ist recht schmucklos und einfach. Auch hier befindet sich ganz oben am Längsbalken das INRI (Dieser hier ist Jesus von Nazareth, der König der Juden). Wie auf ein Stück Papier geschrieben, mit einem Nagel befestigt, dessen Kopf gut erkennbar ist, scheint es relativ belanglos und doch vielsagend am Kreuz befestigt worden zu sein. Denn diese knappe Inschrift gibt letztlich aus römischer und jüdischer Sicht den Grund an, weshalb Jesus gekreuzigt wurde: Er soll sich über die damaligen Machtverhältnisse erhoben haben und hat damit das geltende Vorrecht der römischen Besatzer gebrochen. So zumindest lautete die offizielle politische Botschaft dieser so oft praktizierten und äußerst grausamen Folter und Todesstrafe. Hände und Füße ans Kreuz genagelt, den Kopf auf die rechte Seite gesenkt und geschlossene Augen, so zeigt sich der Korpus dem stillen Betrachter. Auch hier findet sich die grobe Dornenkrone um den Schädel geschlungen. Schulterlanges, gewelltes Haar sowie ein Vollbart umrahmen das Gesicht des Gekreuzigten. Sein Lendenschurz wurde mit vielen Falten und sorgsam an der rechten Hüfte verknotet ausgearbeitet. Doch neben der Darstellung des Gekreuzigten findet sich im Sockelbereich noch eine weitere Botschaft für die Nachwelt. Umhüllt von einer Art Siegerkranz ist der folgende Text gut lesbar zu entziffern: "Wenn bald auch ich vielleicht dem Ziel entgegen wanke, umhüllet werde von des Todes Nacht: Dann sei des Mittlers Tod noch sterbend mein Gedanke, mein letzter Laut, sein Wort, es ist vollbracht!" Darunter ist aus frontaler Perspektive ein Totenschädel mit einem quer liegenden Knochen angebracht. Seine Grundbotschaft entspricht der, wie sie auch aus den bereits zuvor beschriebenen Kreuzen zu entnehmen ist. Er steht symbolisch für die Überwindung des Todes, der zwar uns allen unvermeidbar bevorsteht, jedoch durch den Gekreuzigten hin zum Auferstehungsglauben gewandelt wurde. In ihm verankert sich der christliche Glaube an ein Weiterleben nach dem irdischen Lebensweg. Die nähere Altersbestimmung des Kreuzes ist nicht mehr möglich. Der oder die Stifter sind heute nicht mehr bekannt. Das Kreuz befindet sich im Besitz der Gemeinde Bietigheim.
Erinnerung an Pfarrer Theodor Rössler
In der Form eines aufgeschlagenen Buches am Fuße des Sockels mit o. g. Inschrift findet sich folgende Erklärung, linke Seite: Theodor Rössler, geb. 10. April 1822 zu Baden; Priester 19. Aug 1847, Pfarrer in Bietigheim seit 23. Juli 1863, gest. 1. April 1879. Auf der rechten Seite steht: Wo meine Pfarrgemeind zur großen Himmelfahrt die Toten aufbewahrt, dort ruht auch mein Gebein. Im Leben liebt ich dich, im Tod vergiß mich nicht und bet am Grab für mich, im Himmel (bete ich für dich). Die letzten vier zitierten Worte sind aufgrund starker Verwitterung heute nicht mehr erkennbar. In der Ortschronik von Bietigheim ist zu lesen, dass es ihm zu verdanken ist, dass die 'Kapelle' genannte alte Pfarrkirche heute noch steht. Nachdem nämlich 1863 die Pfarrkirche Heilig Kreuz fertiggestellt war, wurde bereits zwei Jahre später bei der Kirchenbehörde der Antrag auf Abriss der alten Kirche gestellt. Ihr Unterhalt kostete viel Geld. Vehement wehrte sich der Ortsgeistliche gegen dieses Vorhaben. Stattdessen verpflichtete er sich, aus eigener Tasche fünf Jahre lang 10 Gulden in den Kapellenfond zum Erhalt des Gotteshauses zu bezahlen. Außerdem stiftete er 76 Gulden aus seinem Vermögen, das sicher nicht allzu groß gewesen sein dürfte. So konnte der Abriss verhindert werden und im Jahre 1869 ging die alte Kirche in das Eigentum der Gemeinde Bietigheim über. Die Kirchengemeinde behielt dafür bis dato das Nutzungsrecht. Momentan wird der Dachstuhl nahezu vollständig erneuert. Die Kosten hierfür werden auf rund zwei Millionen Euro beziffert.
Text u. Bild: Hermann Schmitt